Die einen fahren gerne ans Meer, für die anderen reichen die Berge und andere bleiben gleich einfach zu Hause vorm Fernseher. Was Urlaub angeht, hat jeder seine ganz eigenen Bedürfnisse und Marotten: die einen Putzen lieber das Haus vor dem Urlaub, die andren lieber nach dem Urlaub. Für die einen muss es immer das gleiche Haus sein, andere wechseln jedes Jahr das Land.
Und andere wollen etwas ganz Außergewöhnliches: Sie wollen an Orte, wo andre Angst haben. So ein Ort ist zum Beispiel Tschernobyl. Doch wie bedenklich ist ein Urlaub in der Todeszone?
Naja, ein normaler Urlaub ist es nicht. Oft werden nur Tagesreisen angeboten, dass aber schon zu einem Spottpreis ab 80 Euro. Mehrtägige Reisen sind auch möglich, aber dann natürlich um einiges teurer. Zutritt bekommt man nur mit einer Zugangsberechtigung, die nur von den ukrainischen Reiseveranstaltern ausgehändigt werden. Man fährt meist mit einem Bus dahin, und dort verbringt man dann mit seiner Gruppe mehrere Stunden und genießt die verseuchte Luft.
Aber was zieht die Leute überhaupt massenhaft nach Tschernobyl und Prypjat?
Es ist das Unsichtbare. Niemand schmeckt, fühlt oder sieht es. Man weiß, dass es da ist.
Als am 26. April 1986 der Block 4 des AKWs die Decke hoch ging, wusste niemand, was das für Auswirkungen haben wird. Mehrere Trillionen Becquerel radioaktives Material wurde frei. Durch Wind und Regen kam das alles zu uns. Damals hatte die sowjetische Regierung versucht, alles geheim zu halten. Doch dies hat nicht geklappt. Daraufhin evakuierte man Tage später erst die Nachbarstadt Prypjat, erklärte im Radius von 30 km eine Todeszone, die Hunderte von Jahren als nicht bewohnbar galt. Satte 40% der Zone sind mit Plutonium verstrahlt, was in Hunderttausenden von Jahren immer noch strahlen wird. Ein Beton-Sarkophag über den Reaktor soll alles ein wenig abschirmen, doch dieser zerfällt ständig und muss erneuert werden. Dieses Mal soll er auch wieder 100 Jahre lang halten, genauso wie vor 25 Jahren.
Dennoch kann man heutzutage mehrere Tage in Tschernobyl und der Geisterstadt Prypjat verbringen.
Genauso unschlüssig sind auch die Zahlen der Opfer. Wären die WHO um die 4 000 Krebskranke für möglich hält, geht die IPPNW von 100 000 Todesopfern aus. Spätfolgen wie Krebs oder Ähnliches sollen über 1 000 000 Menschen betreffen. Und das weltweit. Jedoch geht die IPPNW davon aus, das es selbst bei einer kleinen Dosis von Radioaktivität zu Schäden in der DNA kommt.
Doch diese massigen Zahlen werden von Kritikern immer wieder gerne heruntergespielt. Die Argumente sind immer, dass man bei einem Flug von München nach New York viel mehr radioaktive Strahlung abbekommt. Tatsächlich werden hier natürliche Strahlen aus dem All, die es schon immer gab und komplett natürlich sind, mit Strahlen, die durch in sich zusammengefallende Atome entstehen, verglichen. Ein beliebtes Argument sei auch der Vergleich mit den langwelligen Röntgenstrahlen und den kurzwelligen Gammastrahlen. Zudem kann man noch nicht mal nachweisen, dass Röntgenstrahlen komplett ungefährlich sind.
Und trotz der Gefahren, wagen sich immer wieder Extremurlauber in einem Ort, wo Familien mit Kindern lebten, die in wenigen Stunden alles einpacken mussten, was sie konnten. Was für die einen eine verlohende Heimat ist, die für immer verseucht ist, machen andere Selfies, um bei anderem Eindruck zu hinterlassen. Das schöne ist aber, das Mitbringsel aus der Todeszone absolut verboten sind. Zudem darf man den Weg niemals verlassen und bei der Gruppe bleiben. Um dennoch den Krebssüchtigen zu zeigen, dass die Strahlung wirklich real ist, muss jeder einen Messer dabeihaben. Doch anstatt von Gegenständen fernzubleiben, die eine erhöhte Radioaktivität zeigen, werden Fotos gemacht und am besten noch angefasst.
Doch sind diese Fotos es wert, zu diesem verstrahlten Ort hinzufahren und dort einen Ausflug zu machen? Niemand weiß, ob gesundheitliche Schäden mit sich bringt oder nicht. Da sollte man doch lieber Urlaub an der Nordsee machen. Oder einfach zu Hause bleiben, um das Klima zu schützen.
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